zur vorhergehenden Seite

 

In Momenten, wenn der Geist den Wunsch fühlt, sich konzentrieren zu wollen, entwickelt er Gelassenheit und Ruhe mit besonderer Leichtigkeit, unterstützt durch die ganze Kraft des Vertrauens[1]. Alle anderen geistigen Beschäftigungen werden automatisch ausgeschlossen sein.

Der beruhigte Geist wird sich ohne Beeinträchtigungen oder Ängste glücklich fühlen. Er genügt sich selbst und ist mit sich zufrieden. Vergleichbar mit dem Gefühl, das sich bei angenehmer Atmosphäre oder gutem Klima in manchen Höhlen, Wäldern oder schattigen Plätzen einstellt. Es weht eine frische Brise, und man fühlt sich entspannt und zufrieden. Deswegen sollte der lobenswerte Wunsch des Geistes, meditieren zu wollen, ermutigt werden - und dann sollten wir es auch tun!

Wenn sich abends der Geist sehr ruhig anfühlt, sollten wir unsere Übungen bis Mitternacht fortsetzen. Und wenn er auch dann noch Fortschritte macht, sollten wir statt aufzuhören, ihn weiterentwickeln bis wir vollkommene Gemütsruhe erlangen.

Er wird sich selbst immer stärker vertiefen und etablieren auf immer tiefgründigeren Ebenen. Hier sollten wir nicht aufhören. Dies ist der Zeitpunkt, wo wir erkennen, wie weit sich unsere Meditation entwickelt hat. Nach einem solchen Gelingen können wir uns dann schlafen legen.

Nachdem wir dem Buddha unsere Ehrerbietung erwiesen haben, legen wir uns nieder und erinnern uns der Schrittabfolge, die uns zur Gemütsruhe geführt hat und schlafen nach diesen Überlegungen ein. Wenn wir aufwachen, wird der Geist sofort wieder zu dem Meditationsobjekt und der Ebene von samadhi zurückkehren. Ich selbst übe mich in dieser Weise. Der Geist wird sich von alleine immer tiefer und tiefer zu der Ebene hingezogen fühlen, die er schon kennengelernt hat und sich dort sammeln. Mit stetiger Entwicklung und guter Konzentration werden wir während der Schlafphase absolut keine Träume mehr haben. Sobald wir wieder aufwachen, kennt der Geist seine Aufgabe - und das ist es, was man als Achtsamkeit und Wissensklarheit bezeichnet. Sie passen auf unseren Geist auf und schützen ihn unablässig.

Wir sollten ein gutes Verständnis über diesen geübten Geist bekommen. Wenn er ermahnt werden muß, müssen wir ihn eben ermahnen. Wenn er diszipliniert werden muß, sollten wir ihn disziplinieren. Wenn er sich lobenswert verhält, sollten wir ihn loben. Es ist vergleichbar mit der Erziehung ungehorsamer Kinder. Man nimmt sie am Arm und läßt sie erst wieder los, wenn sie uns gehorchen. Wenn sie auf uns hören, brav und fleißig lernen, sollten wir sie dafür loben.

Unser Geist verhält sich ähnlich. Er wird sich weigern, etwas zu tun, wenn wir ihn immer nur zu etwas zwingen, deshalb sollten wir ihn behutsam führen.

Wenn wir ihn immer nur einschüchtern, wird er sich weigern zu lernen oder etwas anzunehmen, er wird schwach und träge. Mit Lob und Ermutigung jedoch ist er fähig, den ganzen Tag zu arbeiten. Unsere Angestellten zum Beispiel sollten wir in gleicher Weise behandeln. Die Verkäufer, die in unserem Geschäft arbeiten, verkaufen für uns die verschiedenen Waren, unterstützen uns bei der Arbeit und helfen uns, den Lebensunterhalt zu verdienen. Wir dürfen sie nicht einschüchtern, Druck auf sie ausüben, sie schikanieren und die ganze Zeit nur herumkommandieren. Sie brauchen schließlich auch Zuneigung und Aufmerksamkeit, freundliche und verständnisvolle Worte. Wenn sie jedoch manchmal Fehler machen, sollte man es ihnen auch sagen und sie berichtigen. Einschüchterungen werden sie nur abschrecken, sie werden kündigen und uns mit der Arbeit und dem Verdienst unseres Lebensunterhaltes alleine lassen.

Wenn Eltern weise mit ihrem Kind umgehen, wird es ruhig und brav sein. Sie werden nicht ständig mit ihm schimpfen oder es unter Druck setzen, weil sonst das Kind keine Lernerfolge haben wird oder sogar einen Nervenzusammenbruch erleiden kann.

Der beruhigte Geist muß in ähnlicher Weise behandelt werden, das heißt, Achtsamkeit und Weisheit wachen vorsichtig über ihn und korrigieren ihn von Zeit zu Zeit. Achtsamkeit, Weisheit und Einsicht sind die Quellen aus denen wir schöpfen können - je mehr, desto besser.

Achtsamkeit wacht auch über unsere Sprache. Die Herzenstrübungen[2] haben viele Gesichter und deswegen müssen wir auch achtsam mit den Dingen sein, die wir sagen: Ist es von Nutzen oder gerechtfertigt, wenn wir in dieser oder jener Weise reden? Oder: Ist das, was ich gerade sage, für irgend jemanden brauchbar? Bringt es Freunde oder ist es überhaupt der Mühe wert? Sich in der Sprache gehen zu lassen ohne achtsame Kontrolle über die Worte, ist wie leeres Geschwätz und führt uns schnell auf Abwege.

Am Anfang machen wir alle Fehler! Wir lernen dann, diese Fehler zu erkennen und zu korrigieren.

Nachdem wir uns um die Sprache gekümmert haben, kommen wir nun zu unseren Gedanken.

Wir sollten uns unserer unheilsamen Gedanken bewußt sein und wissen, wenn sie heilsam sind. Gedanken, die in eine schlechte Richtung gehen, müssen wir zurückhalten, um sie wieder auf eine richtige Bahn zu lenken. Der Strom geistiger Prozesse sollte überwacht und notfalls abgeschaltet werden.           

weiter lesen?



[1]  saddha: “Vertrauen“. Neben: “Willenskraft, Achtsamkeit, Sammlung u. Wissen“ eine der

5“Kräfte“ (bala) oder Fähigkeiten.

[2]  kilesa: “Herzenstrübungen, Befleckungen“, nennt man die den Geist trübenden Leidenschaften. Gier, Haß und Verblendung, usw.